Vor über 40 Jahren brachte Rolf F. Walther, Gründer von WALTHER Faltsysteme, die erste Faltbox aus Kunststoff nach Europa und hat damit den Markt für Mehrwegtransportlösungen revolutioniert. In diesem Jahr feiert der Innovationsführer WALTHER Faltsysteme sein 40-jähriges Bestehen. Wir haben mit Thomas Walther, Sohn des Firmengründers und Geschäftsführer des deutschen Unternehmens, über Vergangenheit und Zukunft der Branche gesprochen.
Herr Walther, WALTHER Faltsysteme gilt als Pionier auf dem Markt für Mehrwegtransportlösungen. Was zeichnet Ihr Unternehmen noch aus?
Wir sehen uns selbst nicht als Behälterlieferanten, sondern verstehen uns vielmehr als Full-Service-Unternehmen, das für Ressourcenschonung und die langlebige Nutzung von Transportlösungen in der Supply-Chain steht. Vielfach entwickeln wir neue Lösungen auch als Partner gemeinsam mit unseren Kunden. Bei der Produktentwicklung ist unser vorrangiges Ziel immer die optimale Kunststoff-Mehrweglösung für den Kunden. Dabei arbeiten wir unabhängig von Fertigungs- oder Verarbeitungsmethoden. Es zählen nur bessere Produkteigenschaften oder Funktionen. Wenn wir ein Verfahren nicht im eigenen Haus haben, holen wir beispielsweise Partner ins Boot. Dann heißt es: gemeinsam die beste Mehrweglösung für den Kunden erarbeiten – bei Bedarf auch aus einem Mix verschiedener Verfahren und Materialien. Außerdem vereinen wir alle Prozessschritte in der Produktentwicklung unter einem Dach: Vom Anforderungsprofil des Kunden über die Werkzeugfertigung und den Prototyp bis hin zum Serienprodukt entwickeln wir Mehrwegtransportlösungen nach Maß.
Welche Vorteile bringen Mehrwegtransportlösungen denn Ihrer Meinung nach für Nachhaltigkeit und Effizienz der Transportkette?
Die Vorteile von Mehrweg- im Vergleich zu Einweglösungen aus Papier, Pappe und Holz liegen auf der Hand: Bei sachgemäßer Handhabung können Mehrwegladungsträger weit über 100 Umläufe in gleichbleibender Qualität absolvieren. Sie bieten also eine dauerhafte Lösung für wiederkehrende Warenkreisläufe. Idealerweise bringt das Mehrwegprodukt mit Blick auf das zuvor genutzte Einwegprodukt die gleichen Eigenschaften, was beispielsweise Größenabmessungen und Volumen angeht, mit. Mehrwegtransportlösungen halten außerdem wesentlich höhere Trag- und Auflasten aus. Außerdem lassen sich unsere modularen Mehrwegtransportverpackungen untereinander kombinieren, anforderungsgerecht zusammenstellen und stapeln. Das Ergebnis sind vollständig befüllte LKWs und effizientere Transportketten. Die Ware kommt sicher ans Ziel und es entsteht kein Müll.
Ihre Mehrweglösungen sind allerdings aus Kunststoff. Das Material ist oft in Verruf, weil es nicht recycelt werden kann. Wie stehen Sie dazu?
Wenn Sie die Ökobilanz von Einweg- und Mehrwegtransportlösungen genauer unter die Lupe nehmen, werden Sie sehen, dass sich Mehrwegbehälter aus Kunststoff auf Dauer bezahlt machen. Eine Transportbox wird zwar nach dem Warentransport wieder zum Ausgangsort zurückgeführt, dieser vermeintliche Mehraufwand relativiert sich aber mit Blick auf die gesamte Wertschöpfungskette. Auch Verpackungsmüll aus Einweglösungen muss beispielsweise zur Entsorgung abtransportiert werden. Außerdem sind die Mehrweglösungen aus Kunststoff nach dem ersten Lebenszyklus sehr wohl verwertbar. Einmal aufbereitet nutzen wir das Material von uns für die Produktion neuer Behälter.
Wie sieht denn Ihrer Meinung nach die Zukunft im Bereich Mehrwegtransportlösungen generell aus?
Aktuell sind sowohl der Trend zu intelligenten Transportlösungen als auch der Einsatz von nicht ölbasierten Kunststoffen wichtige Themen in der Branche. Mit unserer Biofaltbox haben wir einen ersten Schritt hin zur komplett recycelbaren Mehrwegtransportlösung gemacht. Der Prototyp der Faltbox besteht zu 93 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen und wird momentan auf seine Materialeigenschaften hin geprüft und weiterentwickelt. An erster Stelle steht für uns aber das Vorantreiben einer vollständigen Kreislaufwirtschaft: Unsere Transportlösungen aus der GREENLINE-Produktlinie werden nach ihrem ersten Lebenszyklus zu 100 Prozent eingemahlen. Anschließend wird das Material aufbereitet und für die Produktion neuer Mehrwegbehälter eingesetzt. Bei der Entwicklung eines Behälters machen wir uns bereits Gedanken darum, wie wir die Produkte für die Nachlaufphase möglichst einfach gestalten und regranulierbar machen. Entscheidend ist dabei zum Beispiel, dass Kunststoffprodukte aus verschiedenen Spezifikationen einfach getrennt werden können.
Und wo steht WALTHER Faltsysteme heute?
In den 1990er Jahren hatte die Firma noch eine überschaubare Größe. Mit vier bis fünf Vertrieblern hatten wir bereits ein breites Sortiment an Behältern im Markt platziert. Mithilfe neuer Entwicklungen für verschiedene Branchen, wie der Mega-Pack-Serie Ende der 90er Jahre, mit der wir faltbare Großladungsträger auf den Markt brachten, konnten wir das Produktportfolio bis heute sukzessive erweitern. Durch zahlreiche Marktneuheiten haben wir uns ein Image als innovativer, ideenreicher und sehr flexibler Lieferant im Bereich der Mehrwegprodukte geschaffen und dieses ausgebaut. Mittlerweile beliefern wir vom Food-, über den Retailbereich bis hin zum Industrie- und Automotive-Sektor zahlreiche Unternehmen mit Mehrweg- und Spezialbehältern. Und bei Behältern machen wir nicht halt. Mit der Entwicklung einer innovativen Kunststoff-Halbpalette konnten wir vor kurzem einen der bislang größten Logistikaufträge unserer Firmengeschichte für die Firma Hofer in Österreich abschließen.
Welche Art von Produkt haben Sie für Hofer entwickelt?
Gesucht haben wir eine effiziente und hochwertige Lösung für die Filialdistribution und die interne Logistik. Entstanden ist aus der Zusammenarbeit schließlich die Kunststoff-Düsseldorfer-Palette. Die Mehrweglösung im Düsseldorfer Maß überzeugt durch eine hohe Reparaturfähigkeit dank austauschbarer Kufen, eine hervorragende Ökobilanz und die Möglichkeit zum sicheren oder verrutschsicheren Doppelstocktransport. Gewährleistet sind außerdem durch Inmould-Barcode-Labels und neueste RFID-Technik die Rückverfolgbarkeit der Warenwege und das Poolmanagement der Ladungsträger. Seit Beginn des Jahres sind unsere Paletten bei Hofer in der Praxis im Umlauf. Auch beim deutschen Mutterkonzern des Retailers ist der Ladungsträger bereits in einem Pilotprojekt im Einsatz.
Intelligente Paletten aus Kunststoff ist das Ihrer Meinung nach die Zukunft der Ladungsträger?
Moderne Ladungsträger unterstützen definitiv die zunehmende Digitalisierung in der Branche. Mit Barcode und RFID-Technik ermöglichen intelligente Lösungen das sekundengenaue Tracking und Tracing der Waren. So lässt sich der Palettenschwund minimieren. Außerdem wird die perfekt angepasste Mehrwegtransportlösung zum entscheidenden Faktor bei der Suche nach effizienten Lieferketten. In Verbindung mit automatisierten Abläufen müssen Elemente, die im Lager bewegt werden, schnell identifizierbar und transportierbar sein. Eine Holzpalette, die an einer Ecke gesplittert ist und für das Kamerasystem oder das FTS (fahrerlosen Transportsystem) nicht erkennbar ist, unterbricht den effizienten Materialfluss. Kilometerlange Förderstrecken in modernen Distributionszentren haben daher beispielsweise einen hohen Bedarf an robusten Kunststoffbehältern mit speziell gestalteten Laufkranzböden. Solche Bodenverstärkungen verhindern, dass schwere Ware die Behälter verformt. Zusätzlich sorgen sie so für die optimale Förderung der Boxen auf dem Laufband.
Wird die Kunststoff-Düsseldorfer-Palette also ihr Pendant aus Holz ablösen?
Da die Umlaufzahlen der Halbpalette aus Holz im Grundmaß 800 x 600 mm im Schnitt sehr niedrig liegen, wird von Industrie und Handel schon länger eine Alternative gefordert. Hinzu kommt die Nutzung der Palette als Informationsträger, was bekanntlich die Grundlage für eine weitere Digitalisierung der Logistik darstellt. Inwieweit unsere Lösung die Düsseldorfer Holzpalette ersetzen wird, ist derzeit allerdings noch nicht absehbar. Das Echo aus den Lieferketten, die bereits auf unsere Kunststofflösung umgestellt haben, ist jedoch durchweg positiv. Wenn dieses Beispiel Schule macht, ist mit einem sukzessiven Ersatz der Düsseldorfer Holzpalette durch moderne Ladungsträger zu rechnen.
Herr Walther, vielen Dank für das Gespräch.